Tagebuch Georg Michael Feuchter aus Gaisdorf

Insgesamt vier Tagebücher der Familie Feuchter Gaisdorf vermitteln sporadisch Einblicke in Haus und Hof von 1857 bis 1941.

Februar 1857
Die 1. Tagebucheintragung  datiert auf den 3. Februar 1857. Georg Michael Feuchter ist zu diesem Zeitpunkt 24 Jahre alt und Vollwaise. Der Erstgeborene ist verantwortlich für seine jüngeren Geschwister und für das Unternehmen Landwirtschaft. Finanzrelevante Vorgänge verzeichnet Georg Michael täglich in „dieses Buch“, das er am 7. Februar 1857 erwarb und über einen Zeitraum von 15 Jahren bis 1872 akribisch führte.

Flachswerk, Kernen und Gerste werden verkauft, Getreide und „1 Ctr. Salz“ werden von „Hall heimgenommen“.  Georg Michael verkauft „2 Stück Fichten …. ohne Stock und Äste“ sowie  Eichen und „eichene Prügel“. Im gleichen Februar wird der Verkauf von einem „Kalbelrind braun“, einem Hummel und einem Paar Ochsen verzeichnet.  Auch ein „Bienenstand“ wechselt den Besitzer, der am 20. Februar von Feuchter selbst „nach Haagen geführt“ wird. Georg Michael investiert in ein Paar Ochsen inklusive Draufgeld. Weiter schlagen Trinkgeld, Pflastergeld, Sackträgerlohn und „Verzehr“ zu Buche.

Aktuell weist der private Haushalt kleine Beträge für  Arzt- und Apothekerkosten, darunter „ein Heftpflaster für Fritz“, aus. Auch im Stall ist der medizinische Aufwand minimal. Für den „Darmgichtkranken Fuchs“ werden Salpeter und Glaubersalz besorgt und Schmied Föll in Münkheim fordert „nichts für das kurieren des Pferds“.

Nebenkosten fallen für den Kaminfeger und den Erwerb von  Lampenöl und Wagenschmiere an. Für ihre zweitägige Arbeit vor erhalten der Schneidermeister, sein Geselle und „Jung“ ihren Lohn.

Der Verkauf von „etwas Bettfedern“ an einen Juden bringt 30 Kreuzer in die Kasse.

Anfang März 1857 …
… führt der Verkauf von Hafer nach Hall und der Verkauf von „Wickenhaber“ nach Enslingen. Dabei wird „garantiert alte Gerste“ von der Enslinger Mühle mit heim genommen.

Beweglich ist auch die Tierhaltung auf dem Hof. Sechs Hammel sind nach Wittighausen verkauft während ein Paar Ochsen, ein Stier und zwei Schweine in den heimischen Stall einziehen.  Am Freitag, den 13. März „ist ein Kalb geführt worden“ und das im Herbst gekaufte Schwein „Petz“ ist schlachtreif.

Besorgungen in Waldenburg und Hall decken den Bedarf. Darunter „6 Stück Rechen“, „schwarze Kreben“, zwei neue Halftern vom Sattler und ein Paar Ochsenketten, letztere finanziert durch eigene Vermarktung „auf dem Buttermarkt“.

Für den Haushalt wird ein Messer erstanden und die Gesundheit soll durch „Wachholderwurzel, Bittersüß und Lebertran“ unterstützt werden. Salbe, Brausepulver und Weinbeeren ersteht „Rösle“, dabei gönnt sie sich  „1 Kipf“ im Wert von einem Kreuzer.

Am 20. März 1857 endlich ist es soweit: „Heute fuhren wir das erstemal in [den] Acker und zwar zuerst in den unteren Ziegelsbach Acker“.

Kurz darauf erwirbt Georg Michael Feuchter 5 Stück Birnbäume in Gottwollshausen.

Daheim werden zwei Mausefallen aufgestellt. Der Einkauf von „2 Loth präpariertem Weinstein“ und „Schwefelschnitten“ fällt auf die letzten Tage im März.

April 1857 
V
ielfache Aktivitäten sind im Tagebuch verzeichnet. Am 1. April 1857 wird „Gerste gesät im Traurig“. Tags darauf werden Steckkartoffeln besorgt. Wicken verkauft Feuchter an den Straußenwirt in Hall und an Pfeiferle von Enslingen, letzterer „hat nicht bezahlt“. Weitere Kunden für Wickenhaber sind Schwarz und die Hebamme von Enslingen. Kunden für Gerste und Linsen werden in Untermünkheim und Arnsdorf beliefert. Verkaufshandlungen gibt es auch innerhalb von Gaisdorf. Hier ersteht Feuchter Kleesamen im Gegenzug von einem Simri Saatgerste. In Hall erwirbt der Landwirt 3 Mispelbäumchen inklusiv Transport. Bestens bedient ist ein Bäcker in Hall mit „4 Kreuzer unterm höchsten Preis“ für 25 Simri Kernen. Dagegen erweist sich der Weg nach Hall am 25. April mit „6 Säcken Korn“ verlustreich, da „nicht verkauft“.

Mit dem Ochsengespann wird der Markt in Untermünkheim aufgesucht. Ein Paar falchete Ochsen gehen „an meinen Vetter Stephan von hier“. Fünf Tage später, am 28. April, kauft Feuchter ein Paar Ochsen in Geislingen. Auf dem Hof wird das „braune Kalbele geführt“ und zwei Schweine werden zum Metzger Brauch „hingetrieben“.

Das Handwerk ist gefragt. Der Maurer bringt Ofenschwärze und benötigt „1 Tag mit Kost“ zum „Ofen und Backofen ausstreichen“. Den ganzen „Samstag und heute 3 Tage“ verwendet der Maurer „zum Scheunengiebel ausmauern, überweisen“ sowie für „Ofenputz und Hausgiebel verputzen“. Zu diesem Zweck fuhr Johann „nach Übrigshausen und holte 250 Stük Blöklen und 4 Viertel Kalk“.

Der Bauer Georg Michael Feuchter ist zu diesem Zeitpunkt noch minderjährig.  Das soll sich alsbald ändern. Eine Bittschrift „um Dispensation von der Minderjährigkeit“ wird zusammen mit dem Gemeinderätlichen Zeugnis und dem „bei unserem Pfarrer“ geholten Taufschein beim Königlichen Oberamt in Hall eingereicht. Zwei Wochen später ist Feuchter im Besitz der „Volljährigkeitserklärung“. Am 24. April 1857 bezahlt Georg Michael die „gesetzlichen Sporteln“ in Hall und gibt „6 Kreuzer für Zucker“ aus. Der Tagebuchschreiber vermerkt: „Heute schneit es den ganzen Tag“.

Mai 1857
Der Monat Mai 1857 lässt sich gut an.

Am 1. Mai 1857 verkauft Feuchter 45 Säck Kern im Kornhaus Hall à 1 Gulden 38 Kreuzer. Tags darauf gibt Feuchter kleinere Beträge für Messkosten, Verzehr, Pillen und anderes aus.  Wenig später verbucht Feuchter die „vom Nachbar Vogelmann 5 Simri Erdbeeren zum Stecken“.  Danach erhalten „unsere Verwandte von Gottwollshaußen und Bibersfeld Wicken“. Soundso haben Wicken neben Roggen und Dinkel Konjunktur. Mitte Mai wird das Gemisch von Korn gegerbt, Erbsen und Linsen werden zu Saumehl gemahlen.

Am 25. Mai „haben wir das Grünfutter geholt, Klee im Langengründle“.

Per Zufuhr erhalten auswärtige Käufer  „Prügel aus Eichen Abholz“.

Georg Michael trägt in diesem Monat zum Bau von 2 Kaminen im Hirtenhaus bei. „100 Stück Pferchnägel“ hat man für den Schäfer „in Geislingen holen lassen“.  Wagenschmiere, Mauersteine und Hängeschlösschen  weisen auf diverse Reparaturarbeiten hin. Die letzten Maientage sind vom Kauf eines Rosshalsriemens und dem  Beschlagen von Dungbrettern durch den Flammeister in Münkheim geprägt. Zuletzt erwirbt der Bauer Georg Michael Feuchter „einen neuen runden schwarzen Hut“.

Juni 1857
Nachbars Knecht holt ½ Simri Saatlein. Ludwig und Caspar holen je ½ Saatlein. Auch der „Großknecht des Scheutterle hat ½ Simri Saatleinen geholt. Weiter melden „meine Dot“, der Schultes von Enslingen und Johann Reichart ihren Bedarf an. Außerdem sind Taubenfutter, Leinöl und Hanfsamen gefragt. In Hall verkauft Feuchter 29 Simri Roggen an den Müller Bareiß. Der Landwirt besorgt Weingeist, Amoniak, Salbei, Knoblauch und einen Selterskrug. Georg Michael ersteht 24 Stück Stricke und „Zeug zu Hasen“. Kirschen gibt es gleich zweimal, einmal leistet sich Feuchter ein Dampfbad. Anfang des Monats „hat die Arnsdorfer Kuh gekalbt und hatte ein braunes Kuhkalb“. Am Monatsende „haben wir den Schneidergesellen 1 Tag“, er „machte mir Sommerhosen“.

Juli 1857
Der erste Posten im Juli 1857 handelt von der Heuernte. „Heute haben wir das letzte Heu eingeheimst“. Der erste von insgesamt 29 Wagen wurde am 15. Juni heimgebracht. Zur gleichen Zeit hat die Tante für den Garten „50 Stück alte Pfähle zu Bohnenstock geholt“ und am 21. Juli wurde „das erste Korn geschnitten und eingefahren“.

Gemeinschaftlich holen Georg Michael „und Stephan eine Rapsmaschine bei Föll in Münkheim für uns beide und Nachbar Schultes“. Auch sonst half man einander aus. Das Geld für den verkauften Raps holte Stephan am 26.7. „in Übrigshausen […] und war so gut und nahm meins auch  mit“. Lisbeth, Katharina, Ursula und Christiane helfen beim Gerstenschneiden und Johann, Fritz, Katharina und Rösle erhielten auf Jakobi Geld.

Am 18.7. hat der Landwirt „den Pferch gekauft 8 Nächt um 6 Gulden 20 Kreuzer“, wenig später wird „dem Schäfer Salz gegeben und dafür aufzuschreiben 20 Kreuzer“.  Ausgaben fallen u.a. für den Verzehr auf dem Viehmarkt, für den Siebmacher von Kirchberg und für die Salbe in der Apotheke an. Umsonst dagegen ist der Gang nach Braunsbach. Am 27. Juli ist Georg Michael Feuchter „in Braunsbach gewesen zum Doktor gewollt, war nicht zu Hause“.

August 1857
Der Monat August beginnt für Georg Michael Feuchter mit einem Solbadbesuch in Hall. Gleich darauf ersteht er „8 Hefte der „Illustrierte Welt“ in der Haspelsche Buchhandlung. Mit einer Spende trägt er zur Linderung von Brandschäden in Gschwend und Weldingsfelden bei.

Kern wird gegerbt und Wicken in der Mühle zu Viehschrot gemahlen. Dungsalz „auf den Raps“ wird von Johann in Hall besorgt, außerdem wird die Rechnung für ½ Simri Raps zum Nachsäen „dem Burkmichel in Übrigshausen“ bezahlt. Ein Paar Ochsen, „Falchene“, das im Februar in Beltersrot erworben wurde, geht jetzt an einen Kunden in Nagelsberg.

Zum „Niederfallet“ (Ernteabschlussfest) holt man Rindfleisch und Kalbfleisch von Metzger Brauch in Untermünkheim. August ist auch der Monat, in dem Georg Michael seine „Brüder auf laufendes Jahr gedingt (belohnt)“ hat.

Reiche Ernte am 24. August, da „haben wir 6 Waschkörbe voll Butzenbirn geschüttelt“.

September 1857
Georg Michael Feuchter gibt am 8. September 1857 im Haller Tagblatt eine Anzeige zum Verkauf von Fässern auf. Kleesamen wird nach Söllbach verkauft, Äpfel besorgt Feuchter in Neuenstein und „verlor dabei ein Roßeisen“. Birnen werden am Matthias Feiertag in Westernach geschüttelt, darunter Mostbirn und Häusles Birn. Zwei Hähne wird Feuchter in Hall kaufen, zum Lämmerkaufen ist er mit dem Schäfer in Braunsbach, Geislingen, Zimmern und Enslingen unterwegs, „gekauft 0“. Auch der Trieb von Ochsen nach Belzhag fällt in den Monat September. Dabei geht 1 kleiner Thaler für den Schmuser ab. Das Trinkgeld des Treibers wird um „ein mit Gewalt verdorbenes Sieb“ reduziert. Von verkaufter Butter nehmen die Schwester Buttergeld ein, unterwegs zu den Manövern in Neuenstein und Mainhardt kehren  Georg Michael und Rösle einmal zum Verzehr ein. Ein paar neue Stiefel und  Schnupftabak stehen auf der Ausgabenseite, ebenso die Beschaffung von Band I und Band II „Illustrierte Welt 1854“ in der Haspel‘schen Buchhandlung. In diesem September unterzieht sich Georg Michael Feuchter zweimal einer Traubenkur: jeweils 1 Woche.

Oktober 1857
Am ersten Oktober 1857 ist Viehmarkt in Hall. In Feuchter’s Stall zieht ein Paar Ochsen aus Leoweiler ein, dagegen werden ein paar falbe Ochsen nach Stuttgart verkauft und 4 Rinder nach Hall.

Georg Michael Feuchter sucht den Schafmarkt auf und verkauft Gerste „unterm höchsten Preis“ an Wirt Hannemann in Enslingen.

Schweizer Mostobst „und zwar Äpfel“ erwirbt der Landwirt am 13. Oktober von einem Händler. Kraut wird eingemacht und Weber Hanselmann wird für 6 „Kreben“ entlohnt.  Privat fallen Kosten für einen Kalender und „für einen Geldgurt zu flicken“  an. Kleine Summen gibt er in diesen Herbsttagen für einen „Wek“, für Buben, die „in Enslingen verzehrt“ haben und für „Meßgeld“  aus.

November 1857
In diesem Monat stehen Handwerker und Bauarbeiten im Vordergrund. Aufnahmen für das Baugesuch und Antrag auf Genehmigung sind förmlich auf den Weg gebracht.

Die Waldsäge wird dem Wagner zum feilen gebracht, Wagenschmiere wird in Münkheim geholt, Brechriemen, Bretter, Nägel und Drahtstifte werden beschafft. Zimmerleute haben gearbeitet, darunter Dunz sechs Tage, zwei Jungen je 6 und der Meister zwei halbe Tage. Holz beschlagen und Steinebrechen fällt in die dritte und vierte Novemberwoche.

Am Mittwoch, den 11. November wird das letzte Gras geholt und am Freitag, den 27. November fiel der erste Schnee. Zuvor kaufte Georg Michael Feuchter „von einem Juden ein paar Unterhosen“.

 

Gaisdörfer Schlittenausflug
Gaisdörfer Schlittenausflug

Im Haller Tagblatt wird der „Späneverkauf“ zur Veröffentlichung aufgegeben und in Münkheim ausgeschellt. Eichene Späne und Fichten Späne werden u.a. an den Enslinger Pfarrer Bauer verkauft.

Dezember 1857
Einige „Haufen Späne“ werden von Kunden aus Münkheim, Enslingen und Übrigshausen vom Hof Feuchter abgekauft, das Sägen von Schnittholz für den eigenen Bedarf unternimmt die Enslinger Mühle.

Die Dausche wird geführt, Ochsen werden fortgetrieben und die „von Steigenwirth erkaufte Kuh“ wird geschlachtet, wovon Feuchter 70 Pfund Haut und 53 Pfund Unschlitt erlöst.

Der Schäfer erhält den Pferchbatzen für 16 Nächte, Pfeiferle in Enslingen wird für das hecheln von 6 Pfund Flachs, der Krämer für zwei Pfund Öl und der Hausierer für das flicken von einem Kupferhafen bezahlt.

Der Erwerb von Campferseife zählt zum Haushalt, weihnachtlich dürfte der Kauf von ein paar Filzpantoffeln sowie Handschuhen in Hall sein. Ganz sicher gehören die Ausgaben für Marzipan und Lebkuchen zum bevorstehenden Fest. Das „Christkindle“ geht für die Geschwister mit einer „Dodenbretz“ und einem „Doden Sechser“ (6 Kreuzer) einher. Ob Zeit übrig bleibt zum Lesen des in Hall gekauften Buches „Der Taschenspieler“ wird nicht erwähnt. Unter „Ausgaben“ ist die Lektüre im Wert von einem Gulden zwölf Kreuzer verbucht.